SPÖ-Justizsprecherin lehnt Willkürhaft entschieden ab. Sparkurs bei Justiz rasch beenden. 800 Stellen mehr notwendig.
„Die Justiz ist eine Säule der Demokratie. Ein besonderes Anliegen ist mir daher ihr gute Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat hier einen Sparkurs gefahren, der vielfach als demokratiegefährdend gesehen wurde. Substanzielle Änderungen sind offenbar auch unter Türkis-Grün nicht geplant“, kritisiert SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim.
Yildirim fordert insgesamt 800 Stellen mehr: 100 zusätzliche RichterInnen, 100 neue StaatsanwältInnen und 400 neue MitarbeiterInnen im Verwaltungsbereich. Zudem gehören die 200 unbesetzten Planstellen in der Justizwache dringend besetzt.
„Im Regierungsprogramm ist nur vage von einer ausreichend ausgestatteten Justiz die Rede. Zahlen werden nicht genannt. Diese Lippenbekenntnisse werden nicht reichen. Die Situation ist angespannt und erfordert rasches und konkretes Handeln“, ist Yildirim überzeugt. Einmal mehr stellt sich Yildirim auch gegen weitere Schließungen von Bezirksgerichten. Bedauerlich sei, dass der unabhängige Bundesstaatsanwalt im Regierungsprogramm nicht vorgesehen sei.
Als verfassungswidrig und im Widerspruch zu den Grund- und Freiheitsrechten ist für die Justizsprecherin die sogenannte Sicherungshaft: „Das bedeutet, dass Menschen willkürlich eingesperrt werden können. Das hat mit Sicherheit nichts zu tun. Ich lehne dies daher entschieden ab.“
Reformbedarf der nicht im Regierungsprogramm zu finden ist, sieht Yildirim im von der Vorgängerregierung beschlossenen Gewaltschutzpaket. „Es wurde von vielen Gewaltschutz-, Frauen- und Opferschutzorganisationen äußerst kritisch gesehen und von Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Rechtsanwaltskammer abgelehnt. Korrekturen sind dringend notwendig. Wir setzen auf Prävention, Anti-Gewalt-Trainings, opferschutzorientierte Täterarbeit und die Bekämpfung der Ursachen von Gewalt. Eine rein populistische Law-and-order-Politik mit Erhöhung der Strafen bringt nichts und verhindert keinen Mord.“
Die gemeinsame Obsorge als Regelfall und das Modell der Doppelresidenz bei strittigen Scheidungen oder Trennungen lehnt Yildirim aus frauenpolitischer Sicht und im Sinne des Kindeswohles ab. „Im Falle von Gewalt in der Familie wird es schwieriger, die Dynamik zu durchbrechen. Kinder haben zudem kein Recht auf einen Lebensmittelpunkt mehr.“ In die Reform des Unterhaltsrechtes werde sich die SPÖ aktiv einbringen. Yildirim vermisst allerdings den schon 2017 von allen Parteien versprochen Unterhaltsgarantie, der eine zentrale Maßnahme gegen Kinderarmut ist.
Positiv beurteilt Yildirim die Ausdehnung des Gerichtsjahres auf neun Monate. Ebenso die dringend notwendige Reform des Maßnahmenvollzuges.
Auch im Bereich Hass im Netz seien positive Ansätze zu finden. „Wie dringend hier Handlungsbedarf gegeben ist, zeigen die Angriffe auf die neue Justizministerin Alma Zadic, die sogar Polizeischutz braucht. Das Verhalten von Kanzler Kurz in diesem Zusammenhang finde ich mehr als sonderbar und es hat sicher nicht zur Deeskalierung beigetragen“, so Yildirim abschließend.